Michel Schröders Version von «A Clockwork Orange» im Fabriktheater ist dem Stoff angemessen: gewalttätig, ungeschminkt, heftig, schrill. laut, derb und direkt. Inszenierung und Schauspieler überzeugen- das Stück selber ist Geschmacksache.
Kritik in der P.S. DIE LINKE ZÜRCHER ZEITUNG vom 16. 12. 2004
Das Bühnenbild von Duri Bischoff erinnert an ein Höhlensystem in «Mad Max». Weiss wie kalter Schnee und hart wie Stahl ist die Projektionsfläche für die absurden Videos von Talkshows und Schönheitsoperationssendungen. Vor dieser Kulisse spielen Thomas U. Hostettler als Alex und die anderen vier in wechselnden Rollen das pralle, krasse, brutale, sexualisierte und gewalttätige Leben. Dass die Stunde heftig wird, ist schnell klar, denn die ohrenbetäubend laute Musik passt zu den ersten Gewalt- und Vergewaltigungsexzessen auf der Bühne, die Alex‘ Vorleben darstellen. Er kommt dann in den Knast, wo er von irren Ärzten derart manipuliert wird, dass er künftig gewaltlos und in der Gesellschaft integriert leben soll. Das klappt natürlich nicht – aber da hinaus will Anthony Burgess’s Vorlage ja: Alle Stumpfsinn. Nils Torpus, Herwig Ursin, Sandra Utzinger und Roeland Wiesnekker verkörpern ihre Rollen sehr gut, doch der eigentliche Star ist Thomas U. Hostettler. Vor seiner Tyrannen-Interpretation fürchtet man sich sogar in der vierten Reihe und leidet mit ihm mit, als er mit verzerrtem Gesicht die medizinischen (?) Versuche über sich ergehen lassen muss und schliesslich von den eigenen Eltern nicht mit Handkuss, sondern mit distanzierter Ablehnung empfangen wird. Die Heftigkeit, Direktheit und Ungeschminktheit, wie Michel Schröder die Sex’n’Crime-Geschichte inszeniert, kratzt am Lack des Publikums. So viel direkt dargestellte Gewalt – das vertrieb einige Zuseher. Für die, die bis zum Schluss blieben, präsentierte sich eine formal geglückte Interpretation eines schwer auszuhaltenden Punkstücks.
Thierry Frochaux